Arzneimittel-Härtefall-Verordnung
Seit dem 22. Juli 2010 gibt es eine Arzneimittel-Härtefall-Verordnung. Sie ermöglicht bestimmten Patientengruppen, Medikamente anzuwenden, die in Deutschland und Europa nicht zugelassen sind. Dazu gehören Patienten, die an einer schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung leiden oder an einer Erkrankung, die zu einer Behinderung führen kann. In der Regel können diese Menschen nicht warten, bis ein für sie möglicherweise hilfreiches neues Medikament zugelassen ist.
Für die Anwendung nicht zugelassener Medikamente gelten strenge Voraussetzungen. Fortgeschrittene klinische Studien müssen aufzeigen, dass das Medikament bei der fraglichen Erkrankung helfen könnte. Risiken und Nebenwirkungen müssen zu einem angemessenen Verhältnis zu dem erhofften Nutzen und der Schwere der Krankheit stehen. Sind diese Bedingungen erfüllt, kann der Hersteller ein sogenanntes Härtefallprogramm beginnen. Er muss das Medikament kostenlos zur Verfügung stellen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das in Deutschland für die Zulassung der meisten Medikamente zuständig ist, prüft die eingereichten Unterlagen zu Studiendaten und Nutzen innerhalb von zwei Wochen.
Als mögliche Krankheiten für den Einsatz nicht zugelassener Arzneimittel kommen zum Beispiel fortgeschrittene Krebserkrankungen und Nervenleiden, beispielsweise Alzheimer oder Parkinson, in Betracht, allerdings immer unter der Voraussetzung, dass keine der zugelassenen Therapien mehr hilft. Dabei muss das Risiko in einem vertretbaren Rahmen bleiben. Es liegt nach Freigabe des Medikaments im Ermessen des Arztes, ob er dem Patienten die Einnahme empfiehlt oder davon abrät.
Weitere Möglichkeiten eines schwerkranken Patienten neben dem Härtefallprogramm:
- Off-label-use: Einsatz eines Medikaments, das nicht für die betreffende Erkrankung aber für andere Leiden zugelassen ist. Wann Ärzte diese Möglichkeit nutzen können, ist durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geregelt.
- Individueller Heilversuch: Einsatz eines beispielsweise importierten, in Deutschland nicht zugelassenen Mittels bei einem einzelnen Patienten, wenn ein übergesetzlicher Notstand vorliegt, d.h. eine Alternative fehlt. Die Haftung ist nicht klar geregelt.
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